Tuesday 13 September 2011

ylakio (Evros/Griechenland) im September 2011

Der Text findet sich auf englisch auf dem Blog des Infomobils: http://infomobile.w2eu.net/2011/09/12/situation-in-fylakio-in-september-2011/

Telefongespräch mit Verwandten von syrische Gefangenen, die bis vor wenigen Tagen in Fylakio im Knast saßen:
Heute erzählte mir jemand, der vor ein paar Tagen aus dem Gefängnis FYLAKIO freigelassen wurde über die Situation im Knast. Eigentlich wollte er mir das alles nicht erzählen, damit ich nicht Mitleid habe und leide und mein Familie darunter leidet, aber ich habe gesagt, sag mir die Wahrheit, die Menschen sollen wissen, was da läuft.
Sie bekommen einmal Essen am Tag. Das Essen reicht nur zum gerade so Überleben.
Das Trinkwasser ist dreckig. Sand rinnt aus dem Wasserhahn. Die Toiletten sind dreckig.
Es gibt keine frische Luft. Keine Möglichkeit zum Lüften.
Einmal im Monat dürften sie raus gehen. Sie sehen niemals die Sonne und müssen immer in der Zelle bleiben. In 46 Tagen waren sie zweimal draußen in der frische Luft.
Nur als vor paar Tagen am 3.September der Knast gebrannt hat - da mussten sie 4 Stunden lang in der Sonne stehen, nicht im Schatten. Kollektive Strafe für alle.
Einer aus Syrien hat Hungerstreik gemacht. Keiner hat sich interessiert. Dann hat er sich mit einem Messer gestochen und die Polizei hat zugeguckt und ihn danach in einer Zelle allein 7 Tage lang isoliert und dann wieder zurückgebracht in die Sammelzelle. Die Forderung vom Hungerstreik war freigelassen zu werden. Aber keiner hat zugehört, keiner wusste draußen davon.
Eine sehr wichtige Sache: Polizisten schlagen die Leute, sie schlagen dich tot. Schlagen und Schimpfen das ist ganz normal auf griechisch. Sie schlagen Leute da, die Leute werden gefoltert.
Wenn jemand krank ist kommt kein Arzt.
Er erzählte mir:
„Ich habe keinen Asylantrag gestellt, weil die Anwältin meinte, ich würde sehr lange drin bleiben und Asyl gibt es sowieso nicht. Die versprechen aber die lügen immer ein bißchen: Das sie raus kommen.
Die Situation da drin ist furchtbar: Es gibt keinen Strom. Die Leute schlafen zu dritt auf einem Bett. Wenn einer runter fällt, hat er Hände gebrochen oder den Schädel gebrochen und es interessiert keinen. Einmal ist ein Afghane runter gefallen und blutete die ganze Zeit. Niemand hat etwas gemacht.
Da sind verschieden Nationalitäten in einem engen Raum. Wenn eine Schlägerei anfängt, schauen die Polizisten nur zu und lachen darüber bis der Streit zu Ende ist. Oder bis jemand sich etwas gebrochen hat oder was passiert ist. Das interessiert sie nicht.
Es sind viele in einer Zelle es kommen auch ständig neue Leute rein.
Ich habe mir gewünscht einfach aus dieser Situation rauszukommen, nur raus. Auch wenn ich abgeschoben werde. Alles ist besser als dieses Gefängnis. Deswegen will keiner hier Asyl beantragen, weil es so schrecklich in diesem Gefängnis ist. Keiner will 6 Monate da bleiben.“
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Am 3.September 2011 protestierten die eingesperrten Flüchtlinge in Fylakio. Sie setzten Matratzen in Brand. Dies ist nur die aktuellste einer Reihe von Revolten in diesem Knast, in dem die Menschen eingesperrt werden, nur weil sie einen sicheren Ort zum Bleiben suchen. Revolten und Hungerstreiks, die uns bekannt wurden dokumentieren wir im Internet. Öffentlichkeit ist der einzige (schwache) Schutz gegen die brutale Repression, die den Revolten meist folgt:
Die letzte Revolte in Fylakio, 3.September 2011 (auf englisch): http://infomobile.w2eu.net/2011/09/04/revolt-in-fylakio-detention-centre-3rd-september-2011/
Revolte in Fylakio, 4.Dezember 2010 (auf englisch): http://w2eu.net/2010/12/04/riot-at-the-fylakion-detention-centre/
Demonstration der antirassistischen Bewegungen Griechenlands in der Region Evros, Fylakio 18.Dezember 2010 (auf englisch):http://w2eu.net/2010/12/19/fylakio/
Liste von Hungerstreiks und Revolten von MigrantInnen in Griechenland 2009 und 2010 (auf englisch):http://infomobile.w2eu.net/resistance/hunger-strikes/
Im August 2011 haben “Medicins sans Frontieres” bekanntgegeben, dass seit einem Monat keinerlei medizinische Versorgung von MigrantInnen und AsylbewerberInnen in Detention Centres in Griechenland geleistet wurde (Bericht auf englisch):

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